Vom Verwalter zum Gestalter

New Work und die neue Rolle der «Zahlenmeister»

Neue Technologien, die Digitalisierung, die Automatisierung und die allumfassende Vernetzung führen dazu, dass bestimmte Berufe überflüssig werden. Fachkräfte im Finanz- und Rechnungswesen braucht es auch in Zukunft, aber sie müssen in Skills für die Arbeitswelt 4.0 investieren.

Soft Skills, Projektmanagement, Konfliktmanagement, Kommunikation, Zürich

Früher war alles anders: Man ging an den Bankschalter und wickelte vor Ort seinen persönlichen Zahlungsverkehr ab. Oder man liess den Versicherungsvertreter kommen, der einem am Küchentisch die Vorzüge verschiedener Autopolicen erklärte.

Das alles ist heute anders. Bankgeschäfte werden schon seit geraumer Zeit online getätigt – über E-Banking oder direkt über virtuelle Zahlungsdienstleister wie Zak, Neo oder Revolut. Und Versicherungen, die schliesst heute kaum einer beim Vertreter an der Haustüre ab.


Buchhalter in Zeiten von Bexio und Co.

Das Konsumverhalten hat sich also verändert, ziemlich radikal sogar. Doch wenn sich das Verhalten der Kunden ändert, dann ändert sich auch etwas für die Leistungserbringer und somit für deren Arbeitnehmenden.

Darum schliesst die UBS dieser Tage 44 ihrer Schweizer Zweigstellen – weil es Schalterbeamte in Banken heute (fast) nicht mehr braucht. Deshalb werden Versicherungsberater immer mehr durch Apps, User-Self-Services und digitale Schnittstellen ersetzt. Und deswegen vertrauen Start-Ups heute mehr auf Bexio und moderne KMU-Plattformen als auf traditionelle Buchhalter.

Wobei sich natürlich die Frage stellt: Gibt es neben den traditionellen Buchhaltern auch innovative Buchhalter? Und wenn ja: Was ist die Neuerung, der dieser Branche auch in Zeiten von Bexio und Co. eine erfolgreiche Zukunft ermöglicht?

 

Von der Gegenwart auf die Zukunft schliessen

Die Zukunft vorauszusagen, ist nicht ganz einfach. Darum lohnt es sich, zuerst einen Blick auf die Gegenwart und die aktuellen Veränderungsfaktoren zu werfen, die man mit einem grossen und zwei kleinen Schlagwörtern beschreiben kann.

Das grosse Schlagwort ist «Externalisierung». Und die beiden kleinen Schlagwörter sind «Globalisierung» und «Digitalisierung». Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen und welche Auswirkungen haben sie auf die Berufsfelder im Finanz- und Rechnungswesen sowie Controlling?

Die Autorin: Lioudmila Thalmann

Betriebswirtschafterin, Geschäftsführerin InnoHub

Nehmen wir zum Beispiel den herkömmlichen Buchhalter: Wie effizient ist es, dass dieser noch Belege sammelt, sortiert, zusammenheftet und bucht? Das können auch aussenstehende Hilfskräfte (Externalisierung). Oder die Freelancerin am anderen Ende der Welt (Globalisierung). Oder die virtuelle Maschine und die künstliche Intelligenz (Digitalisierung).

Und vermeintlich anspruchsvollere Tätigkeiten wie z. B. Anlage- und Vorsorgeberatung? Auch hier lässt sich dem aufgeklärten Kunden nur schwer vermitteln, warum er heute noch an den Paradeplatz soll. Schliesslich kann er den Index Fond auch über TrueWealth kaufen, in nachhaltigen Anlagen über Yova investieren und seine Säule 3a ganz einfach über die ZKB-App «frankly» eröffnen.

Das Entscheidende dabei: Wenn Kunden sich für Online-Services entscheiden, dann spielen die vermeintlich niedrigeren Kosten natürlich eine Rolle. Aber das ist nur ein Aspekt. Was viel wichtiger ist, das sind die weichen Faktoren, welche die Webdienste so attraktiv machen: zum Beispiel die spielerische Interaktion, die digitale Applikationen dem User bieten. Oder die Convenience digitaler Ökosysteme.

Und genau hier – bei den weichen Faktoren – wird’s für unsere kurze Zukunftsschau spannend. Denn die Soft Skills sind das Einzige, mit denen sich Anbieter heute noch im Wettbewerb unterscheiden können. Darum werden die sozialen und kommunikativen Kompetenzen immer wichtiger – gerade im kaufmännischen Bereich und besonders für die Employability von Arbeitnehmenden.

 

Zukunftschancen für Finanzleute – ein kleines Experiment

Die These, dass Empathie, Konfliktfähigkeit und kommunikative Kompetenzen die entscheidenden Ressourcen in der modernen Arbeitswelt sind, klingt allerdings etwas abstrakt. Darum schlage ich hier ein kleines Experiment vor: Wir nehmen unsere geistige Taschenlampe und werfen ein Schlaglicht auf drei Aspekte, die wir beleuchten – jeweils mit einer Zukunftsthese und einer Handlungsempfehlung.

 

Zukunftsthese 1: Reden statt rechnen

Dass Rechner am besten rechnen können, ist nur logisch. Aber Zahlen müssen auch vermittelt, präsentiert und kontextualisiert werden. Doch den nackten Zahlen Sinn zu geben – das können Rechner nicht, dafür braucht’s noch immer den Menschen.

Die Zukunftsthese lautet daher: In einer komplexen und agilen Welt wird die kommunikative Kompetenz matchentscheidend sein.

Daraus folgend die Handlungsempfehlungen:

  • Arbeiten Sie an Ihrer Auftrittskompetenz
  • Trainieren Sie Ihr Präsentationstalent
  • Stärken Sie Ihre kommunikativen Fähigkeiten

 

Zukunftsthese 2: Managen statt verwalten

«Embrace your enemies» – dieser Spruch ist in Management-Zirkeln oft zu hören. Was dieses Statement in unserem Kontext heisst: Kämpfen Sie nicht gegen die Digitalisierung, sondern mit der Digitalisierung. So werden Sie zum gefragten Wissensträger und Innovations-Experten sowohl bei den kleinen digitalen Helferlein als auch im weiten Feld der Fintech.

Die Zukunftsthese lautet daher: Der Zahlenverwalter von gestern wird zum Zahlenmeister von morgen.

Daraus folgend die Handlungsempfehlungen:

  • Bauen Sie Ihre Methodenkompetenz aus
  • Stärken Sie Ihre Fähigkeiten im Projektmanagement
  • Befassen Sie sich aktiv mit den Zukunftstrends in Ihrem Fachgebiet
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Sie haben Fragen zum Thema? Wir helfen Ihnen gerne!

Tel. 052 260 59 55 / weiterbildung@innohub.ch

Zukunftsthese 3: Gesichter statt Zahlen

Mensch oder Maschine, das ist heute die Frage. Und die Antwort? Die kann nur lauten, dass Menschen menschlicher werden müssen, um sich gegen Maschinen und digitale Tools zu behaupten. Was dieser Satz konkret bedeutet, sehen wir schon heute: Nämlich «Zahlenmeister», die auf LinkedIn aktives Storytelling betreiben und Fachkräfte im Finanz- und Rechnungswesen sowie Controlling, die sich auf ihren Webseiten persönlich kenntlich machen.

Die Zukunftsthese lautet daher: Wer Zahlen ein Gesicht gibt und rationale Ziffern emotional auflädt, der muss die Digitalisierung nicht fürchten, sondern kann sie gezielt für sich nutzen.

Daraus folgend die Handlungsempfehlungen:

  • Werden Sie selbst zur Marke
  • Definieren Sie Ihre individuelle Positionierung
  • Investieren Sie in Ihr Self-Branding

Mein persönliches Fazit: Wenn die Presse schreibt, dass bis zu 100 000 KV-Arbeitsplätze akut gefährdet sind und McKinsey feststellt, dass 20 bis 25 Prozent aller beruflichen Aktivitäten bis zum Jahr 2030 automatisiert werden, stellt sich die Frage, ob diese Arbeitsplätze einfach verschwinden – so wie die Dinosaurier nach dem grossen, schicksalhaften Kometeneinschlag?

Oder werden sich die Anforderungsprofile nur stark ändern – evolutionär und angepasst an die neuen Verhältnisse? Die zweite Option wäre eine gute Nachricht und würde für einen neuen «Zahlenmeister plus» sprechen: Für eine Fachkraft im Finanz- und Rechnungswesen, die Zahlen versteht plus Menschen, die Wertschriftenverzeichnisse führen kann plus Mitarbeitende, die Konjunkturindikatoren genauso sicher interpretiert wie die verschiedenen Signale der Kommunikation.

Und die zweite gute Nachricht: So, wie man sein Zahlenverständnis trainieren kann, so kann man auch an seinem Menschenverständnis arbeiten. Das ist nicht nur sehr sinnvoll, das macht sogar richtig Spass!

Bei InnoHub finden Sie passende Kurse zum Thema. Ursprünglich erschienen ist dieser Artikel in der Fachzeitschrift rechnungswesen & controlling von veb.ch.

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